Platz 8:
Devi Pointner + Lisa Salud: Macondo
Literarische Quelle:
Gabriel Garcia Marquez – 100 Jahre Einsamkeit
“Macondo war damals ein Dorf von zwanzig Häusern aus Lehm und Bambus am Ufer eines
Flusses mit kristallklarem Wasser, das dahin eilte durch ein Bett aus geschliffenen
Steinen,weiß und riesig wie prähistorische Eier.Die Welt war noch so jung, dass viele Dinge
des Namens entbehrten, und um sie zu benennen, musste man mit dem Finger auf sie
deuten.“
aus:“100 Jahre Einsamkeit“ von Gabriel Garofa Karquez
Das beschriebene Dorf in Marquez Werk diente einem chilenischen Flüchtling als Quelle für
die Benennung seines Wohnorts in Wien. Heute hat dieser Ort, eingebettet, zwischen
Flughafen, Autobahn und städtischer Kläranlage auf den ersten Blick wenig Romantisches.
Das Leben von Macondo ist aber auch kaum einsehbar, denn wer an den hohen
Kasernenbauten, die wie Abgrenzungsmauern wirken, vorbeigeht, würde nie eine solche
Vielfa lt vermuten.
Der Mikrokosmos Macondo dient seit etwa 60 Jahren als Unterkunft für anerkannte
Flüchtlinge und ist heute Wohnort f ür rund 1440 Personen aus 52 Ländern, die in über 500
Wohnungen leben.
Die Geschichte dieser Siedlung in Kaisersebersdorf(Wien) spiegelt die weltweiten Kriege
und Katastrophen der Nachkriegszeit wieder. Ob ungarische Flüchtlinge nach dem Aufstand
1956, Chilenlnnen die vor der Diktatur Pinochets 1973 flüchten mussten, Vietnamesinnen
in den ’70ern,alle haben wie Jahresringe auf Baumstämmen ihre Spuren hinterlassen.
Zeichen der Vergangenheit erzählen auch in jedem der individuellen Lebensräume über die
Geschichte, sowie Herkunft der Bewohner und regen zum Nachdenken über Konzepte wie
Identität, Heimat und Integration an. An der Seite von Tofiks Fernsehgerät, der stets
kurdisches Fernsehprogramm überträgt , steht ein Zeitungsartikel über den Anführer
kurdischer Freiheitskämpfer. Für ihn ein Held, doch musste er aufgrund des, in diesem
Zusammenhang stehenden, Konfliktes den Irak verlassen und gelang nach tagelangem
Fußmarsch nach Europa und schlussendendlich nach Macondo.